Wo fangen wir an?
Ganz ehrlich: wir sind uns nicht ganz sicher wie wir anfangen sollen.
Schau’, wir wollen eine ehrliche Konversation über Rassismus, Vorurteile und Ungerechtigkeit führen – und wie wir noch besser als Verbündete im Kampf gegen Rassismus, Vorurteile und Ungerechtigkeit auftreten können. Aber das ist nun mal ein sensibles Thema. Echt nicht so einfach überhaupt einen Einstieg zu finden.
Aber probieren wir es mal. Wir fangen mal so an: wir haben unsere Büros in Burlington, Hamburg, London, Paris oder Rotterdam, Städte die für ihre Vielfalt in vielerlei Hinsicht bekannt sind – mit einer Ausnahme: ethnische Vielfalt. Unsere Büros sind voll mit Menschen mit unterschiedlichsten Erfahrungen und Lebensstilen – aber die meisten von uns sind weiß.
In den letzten Jahren haben wir viele verschiedene Themen rund um soziale Gerechtigkeit öffentlich unterstützt – sei es Klimaschutz, die Öffnung der Ehe für Alle oder soziale Inklusion. Manchmal war dies nicht nur ein Kampf den wir als Unternehmen geführt haben, sondern oftmals auch ein persönlicher Kampf für sehr persönliche Rechte.
Aber genauso oft haben wir als Unternehmen Ungerechtigkeiten bekämpft, die wir gar nicht am eigenen Leib erfahren mussten. Wir haben uns entschieden, Solidarität mit Randgruppen zu zeigen weil es einfach das Richtige war zu tun. Denn für Gleichheit und Würde lohnt es sich immer zu kämpfen.
Warum es jetzt zählt
Wir leben in einer Zeit der Veränderung mit großen Herausforderungen. In Amerika gab es einen Präsidenten, der fremdenfeindliche, sexistische und diskriminierende Dinge von sich gab – Dinge die vielen Menschen Angst und viele Menschen wütend machten – und auf der anderen Seite ein steigender Populismus und Nationalismus und eine neue Form der Diskriminierung gegen Minderheiten und Randgruppen auch hier mitten in Europa. Vor einem Jahr fand der antisemitische, rassistische Anschlag in Hanau statt und auch in den letzten Monaten haben wir gewaltsame Übergriffe gegen Geflüchtete, Muslime, Mitglieder der LGBT Community, Immigranten, Frauen, uvm. erlebt.
Mit jeder neuen Beleidigung, jedem neuen Übergriff folgten immer mehr Diskussionen darüber was wir tun können. Immer mehr Menschen beginnen sich zu verbünden, ob auf sozialen Netzwerken oder auf der Straße, und zeigen öffentlich Solidarität mit denen die attackiert wurden.
Also fragen wir uns: was bedeutet es eigentlich, als Verbündete zu agieren und wie können wir der bestmögliche Verbündete sein? Und wie können wir dies eigentlich in einer Art und Weise tun, damit die Machtverhältnisse die wir herausfordern sich nicht noch weiter verfestigen?
Wir werden nicht still sein
Es gibt Zeiten, in denen Stille zu Mitschuld wird. In denen man seine Stimme gegen Ungerechtigkeiten erheben muss weil man sie ansonsten stillschweigend mitträgt.
Diese Zeit ist jetzt.
Als Individuen (und vor allem wenn wir weiß sind) müssen wir uns über unsere Rolle in diesem System bewusst werden – und wie wir von diesem System profitieren, ob wir es realisieren oder nicht.
Und darum sind wir dazu verpflichtet, in der uns bestmöglichen Art und Weise als Verbündete zu agieren.
Also was meinst du? Können wir gemeinsam darüber nachdenken, was wir – und du – tun können um als Verbündete an der Seite von Freunden und Nachbarn zu stehen, die bereits ihr ganzes Leben lang gegen Vorurteile kämpfen?
Wir haben da ein paar Ideen…
1. Es geht nicht um dich
Das erste worum es als Verbündete geht ist dass du als Verbündete agieren kannst, nicht aber ein*e Verbündete*r sein kannst, nur weil du dich selbst so bezeichnest. Es obliegt der Gruppe, an deren Seite du dich solidarisch zeigen willst, dich als Verbündete zu bezeichnen.
2. Wir müssen zuhören
Wir müssen zuhören (statt reden), wir müssen unsere Köpfe und Herzen öffnen und bereit sein, dass unsere Annahmen die wir als richtig empfinden in Frage gestellt werden (und sicherstellen dass unser Defensivmechanismus nicht hervortritt). Dabei ist es wichtig, anderen Menschen zuzuhören und nicht unsere eigene Stimme zu benutzen um andere zu überstimmen. Wir stehen nicht im Scheinwerferlicht.
3. Sei ehrlich
Teste deine eigenen Vorurteile. Wir müssen uns darüber bewusst werden, was uns ein unangenehmes Gefühl bereitet. Wie sind deine Reaktionen auf Probleme der BIPoC-Community? Auf Medienberichte, die von “Unruhen” sprechen obwohl es eigentlich nur Proteste waren? Jeder ist in einer bestimmten Art und Weise voreingenommen, das lässt sich nicht vermeiden. Das wichtige ist, ehrlich zu sich selbst zu sein und die anderen Menschen als das zu sehen was sie wirklich sind.
4. Sprich mit Freunden und Familie
Die meisten Menschen vermeiden Konflikte so gut es geht. Darum kann es schwierig sein, super schwierig, etwas dagegen zu sagen wenn jemand einen fremdenfeindlichen Witz macht oder jemanden abwertend als schwul bezeichnet. Bei der Arbeit kann dies noch komplizierter sein. Was ist wenn dein*e Chef*in nicht aufhört, sexistische Dinge zu sagen? Je schwieriger es dir fällt, in bestimmten Situationen etwas gegen jemanden zu sagen, desto notwendiger ist es meistens. Letztendlich sind wir alle dazu verpflichtet, aufzustehen und etwas dagegen zu sagen, wenn unangemessene, abfällige und verletzende Dinge von anderen gesagt werden.
5. Verlasse deine Komfortzone
Menschen schätzen das Gemütliche und Bekannte. Aber wenn wir immer nur die gleichen Dinge erleben in denen wir uns eh schon wohl fühlen entwickeln wir uns nicht weiter. Warum besuchst du nicht das Geflüchtetenheim in deiner Nähe und fragst wie du helfen kannst? Oder warum nimmst du nicht an der nächsten Demo gegen Fremdenfeindlichkeit teil? Oder hilfst bei der Tafel und gibst Obdachlosen etwas zu essen? Oder gehst in die Kirche, Moschee oder Synagoge? Wir werden nie die Menschen verstehen, die anders sind als wir selbst wenn wir nur mit denen sprechen die genau so ticken wie wir.
6. Löse dich von deinem Bildschirm (natürlich erst wenn du das hier gelesen hast)
Dies geht ein bisschen einher mit dem vorherigen Punkt, aber wir können das nicht genug betonen: mach dein Tablet aus, klapp deinen Laptop zu und knips den Fernseher aus. Der einfachste Weg, Menschen als Stereotypen zu sehen ist vor dem Bildschirm. Echte Menschen sind komplex und kompliziert. Echte Menschen sind echt. Lerne sie kennen (und vielleicht lernst du auch dich selbst besser kennen).
7. Bilde dich
Wir lernen niemals aus. Und es ist nicht die Aufgabe von Menschen mit Behinderung oder Migrationshintergund, uns über soziale Inklusion aufzuklären. Lerne was es heißt seine Heimat verlassen zu müssen oder auf barrierefreien Zugang angewiesen zu sein. Informiere dich über Ungleichheiten in unserer Gesellschaft, mache Gebrauch von deinem Recht zu wählen und nutze es um Dinge zu verändern. Du kennst die deutsche Geschichte und es ist wichtig diese nicht zu vergessen… Vor allem aber ist es wichtig dafür zu sorgen dass so etwas wie der Holocaust nie wieder passiert. Schau dir die Welt genau an und sieh es nicht als selbstverständlich an in Frieden zu leben und durch ein Europa ohne Grenzen zu reisen. Niemand verlangt von dir, dass du ein*e Expert*in bist. Aber je mehr du weißt, desto einfacher wird es dir fallen als Verbündete*r an der Seite von Randgruppen und Minderheiten zu stehen und gegen Unterdrückung, Homophobie, Sexismus und vielem mehr zu kämpfen.
8. Lerne aus deinen Fehlern
Fehler passieren. Du wirst scheitern. Du wirst etwas sagen, dessen Auswirkungen du vorher nicht bedacht hast oder eine Frage stellen die ein Vorurteil oder Voreingenommenheit offenbart. Du wirst jemanden beleidigen. Und du wirst dich entschuldigen – ehrlich und ernsthaft. Genau das ist der wertvollste Teil und der Teil, der dich davor bewahrt, diesen Fehler immer wieder zu machen.
Wir glauben bei weitem nicht, dass wir alle Antworten haben
Wir lernen mit euch zusammen. Jeden Tag. Aber wir sind es einfach Leid zu sehen wie bestimmte Gruppen immer wieder Gewalt, Vorurteilen und Unterdrückung ausgesetzt sind während der Rest von uns so tut als würde es uns nichts angehen. Das ist die große Erkenntnis: Wir sind alle beteiligt, es geht uns alle an.
Die Welt zu verändern beginnt hier, bei jedem von uns. Also lasst uns anfangen.